Herzlichen Glückwunsch an Lena-Elise Aicher

Preisträgerin des Bernhard-Heiliger-Förderstipendiums 2021

Atelier Bernhard Heiliger im Kunsthaus Dahlem

vom 17. März bis 2. April 2023

Eröffnung: 16. März 2023, 18h

Grußwort: Dr. Friedrich Meschede

Unter dem Titel „Tinged“, zu deutsch „gefärbt“ oder „angelaufen“, lädt die Bernhard-Heiliger-Stiftung Sie ein zur Werkpräsentation der letztjährigen Preisträgerin des Bernhard-Heiliger-Förderstipendiums; von der Jury unter Leitung von Dr. Sabine Ziegenrücker wurde es 2021 Lena-Elise Aicher zugesprochen.

Lena-Elise Aicher, geboren in Konstanz, studierte an der Universität der Künste in Berlin Bildhauerei und schloss mit dem Titel “Meisterschüler“ bei Prof. Manfred Pernice ab.

Im Werk von Lena-Elise Aicher verbinden sich unterschiedliche Materialien und Techniken, man kann traditionelle Holzschnitzerei entdecken, in Gestalt von Reliefs, die ihrerseits in Kontrast zu ihrer Schwere in federleichte Karbonabformungen der Oberfläche verwandelt werden. Diese technischen Kunststoffflächen sind zunächst schwarz, wie es der deutsche Name „Kohlenstofffaser“ nahelegt. Sie sind zudem auch elektrisch leitfähig und ermöglichen den Prozess der Galvanisierung, was zur titelgebenden Einfärbung (tinged) führt. In jüngeren, aktuellen Werken wird dieses Anlaufen oder Einfärben mittels elektrolytischer Verfahren weitergetrieben, indem Aicher die von ihr gestalteten Formen in einem chemischen Bad oxidieren lässt oder galvanisiert, und sie damit eine auch vom Zufall bestimmte Farbigkeit erzielt, die der Gesamterscheinung eine verfremdende Wirkung verleiht.

Die Bildobjekte geben ihre Ursprungsform zu erkennen, oft bleiben sie an den Rändern offen, so dass sich der Eindruck einer textilen Struktur einstellt, der auf die Karbonfaser zurückzuführen ist. Die Objekte weisen ein Bild-Grund-Verhältnis auf und erinnern an barocke Rahmengestaltung, die ihrerseits im sakralen Kontext stand. Eine vertieft erscheinende Fläche wirkt in ihrer Abstraktion wie eine Ikone.

Freistehende Skulpturen weisen eine stilistisch doppelte Formgebung auf, einerseits bildhauerisch konventionell geschnitzte Sockelelemente tragen andererseits im spannungsreichen Kontrast dazu surreal erscheinende Körper, die aus dem Karbonfasermaterial geformt sind. Wir sehen ein Spiel aus negativen und alternierend dazu positiven Volumen, Wölbungen und Einschnitten. Bei der Farbigkeit der Materialien bleibt es zunächst offen, ob es sich um eingefärbtes Material handelt, wie es im Titel der Ausstellung anklingt, oder Verfärbungen, die einem Prozess entlehnt sind. Nicht nur der ungewöhnliche Titel der Ausstellung, auch die darunter zusammengefassten Werke selbst, suchen die Mehrdeutigkeit der Erscheinung und ihrer Interpretation. Wir sind mit diesen Werken von Lena-Elise Aicher aufgefordert, uns diesen fremdartigen Wesen einer neuen Bildhauerei zu stellen, sie zu betrachten und uns ihre Wirkung Schicht für Schicht zu erschließen.

Friedrich Meschede


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